Ulm News, 23.06.2015 18:28
„Flüchtlinge brauchen sinnvolle Beschäftigung“ - Staatsministerin Dr. Merk, Landrat Freudenberger und Bürgermeister besuchen Asylunterkunft in Kadeltshofen


Beschreibung: Dr. Beate Merk
Fotograf: Beim Besuch der Flüchtlingsunterkunft im Pfaffenhofer Ortsteil Kadeltshofen (von links): Bürgermeister Josef Walz, Staatsministerin Dr. Beate Merk, Landrat Thorsten Freudenberger.

Er ist Nigerianer, um die 20 und unter abenteuerlichsten Umständen durch die Wüste Sahara und über das Mittelmeer nach Europa geflohen. Jetzt wohnt er seit sieben Monaten hier in der Asylbewerberunterkunft im Pfaffenhofer Ortsteil Kadeltshofen. „Ich möchte arbeiten“, sagt er und blickt dabei traurig drein. Aber deutsche Vorschriften und Gesetze verbieten es ihm. „Jeder weiß, was ‚Burnout‘ ist, aber es gibt auch ‚Boreout‘“, sagt Ron Bruce, ein Amerikaner, der mit seiner Familie in Kadeltshofen lebt und sich im Flüchtlingshelferkreis engagiert.
„Die Flüchtlinge langweilen sich zu Tode, Aggressionen und Konflikte bleiben da nicht aus“, berichtet Ron Bruce. Neun weitere Dorfbewohner kümmern sich mit ihm um die 49 Neubürger im zuvor nur rund 500 Einwohner zählenden Ort. Sie stammen hauptsächlich aus Afrika, aber auch aus dem Nahen Osten und dem westlichen Balkan. Kürzlich bekamen sie in ihrem Wohngebäude hohen Besuch. Staatsministerin Dr. Beate Merk, Landrat Thorsten Freudenberger und zahlreiche Bürgermeister aus dem Landkreis Neu-Ulm machten sich vor Ort einen Eindruck von den Sorgen und Nöten der hier untergebrachten Immigranten, ihren Wohnverhältnissen und der Hilfe aus der Bevölkerung.
Eines wurde dabei klar: Vor allem die mangelnden Möglichkeiten zu arbeiten oder sich anderweitig sinnvoll zu beschäftigen, sind ein großes Problem. „Den Leuten fällt auf die Dauer die Decke auf den Kopf“, weiß Landrat Thorsten Freudenberger. Einer seiner Hauptinformanten ist sein Mitarbeiter Alexander Groß, der sich für das Landratsamt vor Ort um die Flüchtlinge kümmert. „Immer nur Fernsehen oder Tischtennis spielen ist auf die Dauer eintönig – das weiß jeder“, sagt Alexander Groß bei seiner Führung in Kadeltshofen. Deshalb ist er froh, dass es den Helferkreis gibt, der Deutsch-Unterricht anbietet, in Person von Ron Bruce Fahrräder sammelt und repariert und sonst für Abwechslung sorgt. Die Unterkunft, die kurz vor Weihnachten 2014 von den ersten Menschen bezogen wurde, ist neuwertig und in guter Ordnung. Auch die Akzeptanz der Immigranten unter den Kadeltshofern sei inzwischen deutlich gestiegen, berichtet Ron Bruce. Aber natürlich gebe es immer noch einige Unverbesserliche.
Zu Vorfällen oder gar Verbrechen ist es jedoch bislang von beiden Seiten nicht gekommen. „Es läuft gut“, sagte Hauptkommissar Hubert Schneider von der Polizeiinspektion Weißenhorn. Staatsministerin Dr. Beate Merk zeigte sich angetan von den Anstrengungen, die im Landkreis Neu-Ulm für die Flüchtlinge unternommen werden. Sie dankt den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, aber auch den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landratsamtes und der Diakonie. „Ihre Erfahrungen aus dem Alltag sind wertvolle Informationen für mich“, betonte Merk, die die praktischen Probleme vor Ort am Kabinettstisch ansprechen will.
Als „bayerische Außenministerin“ war sie in den vergangenen Monaten viel in Herkunftsländern der Flüchtlinge unterwegs. Neben der Erkenntnis, dass zuvorderst die Europäische Union (EU) „die Fluchtursachen bekämpfen muss“, will Bayern weiter Druck in Berlin machen, damit die Asylverfahren schneller bearbeitet werden. „Dadurch verlieren wir an Attraktivität als Zielland wie man ganz aktuell an den Flüchtlingsströmen aus den Balkanstaaten sieht“, wies die Ministerin hin. „Wir werden nicht locker lassen“, so Merk.
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;amp; ;amp; ;nbsp; Und was nahm die Staatsministerin aus Pfuhl von ihrem Besuch in Kadeltshofen mit in die Landeshauptstadt München? Neben dem Thema „Arbeit und Beschäftigung“ hatten Landrat Freudenberger und einige Bürgermeister wichtige Anliegen parat. Sendens Rathauschef Raphael Bögge beklagte die „zu langwierigen Anerkennungsverfahren“. Er kenne in seiner Stadt Asylbewerber, die jetzt seit 23 Monaten bangten, dass sie endlich ihre Anerkennung erhielten.
Roggenburgs Bürgermeister Mathias Stölzle hält es für dringend geboten, dass „sich die Länder der EU zusammenraufen und sich auf einen Verteilungsschlüssel einigen“.
Joachim Eisenkolb, Bürgermeister von Elchingen, stellte die Frage: „Wie lange werden die Asylbewerber bleiben?“
Das könne derzeit niemand seriös beantworten, sagte Landrat Freudenberger. Der Kreischef selbst wiederholte nachdrücklich seine Forderungen, die er in den vergangenen Wochen öffentlich gemacht hatte:
tärkere Unterstützung des Landratsamtes durch die Städte und Gemeinden bei der Suche nach Wohnraum für Asylbewerber;
Gerechte Verteilung der flüchtenden Menschen auf alle Kommunen im Landkreis;
Schnellere Abschiebung von nicht asylberechtigten Flüchtlingen in ihre Heimatländer.
Josef Walz, Bürgermeister von Paffenhofen und Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages, appellierte an seine Bürgermeisterkollegen: „Wir dürfen das Landratsamt nicht im Regen stehen lassen, sondern müssen es unterstützen, vor allem bei der Suche nach Unterkünften.“ Gleichzeitig schlug Walz eine „bessere Würdigung der Helfer“ seitens des Staates vor, „denn ohne sie funktioniert es nicht“.




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